Nur einmal Nachwuchs
Auf den ersten Blick ist der Gedanke "einmal" Nachwuchs zu haben verlockend. Aber zur Zucht gehört mehr, als für "süße Igelbabys" zwei Tiere miteinander zu verpaaren! Igel "vermissen" nichts, wenn sie keinen Nachwuchs zeugen oder bekommen. Und genetisches Grundwissen und die Planung einer Zucht sollten immer im Vordergrund stehen!
Geld verdienen
Wenn man die Zucht des afrikanischen Weißbauchigels ordentlich betreibt, dann lässt sich damit kein "Geld verdienen". Eine ordentliche Haltung, gesunde und vernünftige Elterntiere, die gute Ernährung und Versorgung verschlingen Geld, das man mit Igelbabys nicht hereinbekommt. Es sei denn man "produziert" am laufenden Band aber das ist alles andere als gesund oder tiergerecht!
Die Zucht dient vor allem der Arterhaltung.
Als gewissenhafter Züchter wünscht man sich gesunde und langlebige Tiere mit einem freundlichen Charackter. Das sollte das höchste Ziel sein, damit die neuen Besitzer lange Freude an ihrem Igel haben.
Afrikanische Weißbauchigel sind noch nicht all zu lang domestiziert, umso wichtiger ist es, die Art stabil, gesund und frei von Gendefekten zu halten.
Nichts ist in der Zucht wichtiger als ordentliche Grundkenntnisse der Genetik und Voraussetzungen. Sowie das Wissen um eventuelle Folgen und Komplikationen.
Dazu gehört es die Vorfahren der Igel zu kennen, um erblich bedingte Krankheiten oder Fehlentwicklungen vorzubeugen und auch eine Ahnung zu bekommen, was an genetischen Komponenten vereinbar ist.
Die Verpflichtung eines guten Züchters hört nicht bei der Abgabe der Nachzuchten auf! Eine ordentliche Beratung vor und nach der Anschaffung, sowie Ratschläge, Hilfestellungen und ein jederzeit offenes Ohr sind wichtig und nötig, um dem Halter und den Tieren Halt zu geben. Auch eine eventuelle Urlaubs- und Notfallbetreuung, sowie die Rücknahme der Tiere sollte gegeben sein.
*Kenne ich die Abstammung (Vorfahren) der Elterntiere? Stammbäume machen sich hierbei sehr gut. Nur so kann man eventuellen Inzuchtverpaarungen und vererbbaren Krankheiten vorbeugen.
*Bin ich mit den Grundlagen der Genetik vertraut?
*Habe ich mich mit den eventuellen Risiken und Komplikationen vertraut gemacht? In der Tragzeit kann einiges mit der Igelin geschehen. Die Geburt kann Komplikationen bringen, das Muttertier oder Jungtiere sogar versterben. Einige Igelinnen fressen ihre Jungen oder verstoßen sie, eine Handaufzucht ist jedoch sehr schwierig und besonders in der ersten Lebenswoche beinahe unmöglich. Auch psychisch muss man diesen eventuellen Komplikationen gewachsen sein!
*Kenne ich mit Verpaarung, Tragzeit und Jungtierentwicklung aus?
*Verfüge ich über genügend Erfahrung und Grundkenntnisse um neue Halter und Interessenten in allen Belangen zu beraten und ihnen zur Seite zu stehen? Hierbei ist die Weitergabe von richtigen und ordentlichen Informationen wichtig.
*Kann ich alle anfallenden Kosten tragen? Die nötige Anschaffung der Aufzuchts- und Quarantäneterrarien, Kosten für die gesonderte Ernährung der Mutter und Babys, Unterhalt der eventuell länger bleibenden Igelbabys, Tierarztkosten usw.
*Ist es mir möglich den Nachwuchs auch über 8 Wochen hinaus unterzubringen? Zum Beispiel, wenn Igel nicht direkt vermittelt werden. Was ist, wenn der neue Besitzer den/die Igel nicht behalten kann/will, bin ich in der Lage sie (bis zur Weitervermittlung und generell) wieder zurück zu nehmen?
*Habe ich ausreichend Platz zur Verfügung für mindestens 3 dauerhafte Terrarien? Männchen und Weibchen müssen gesondert untergebracht werden. Die Mutter muss während der Geburt und Aufzucht in ein extra Terrarium. Männliche Igelbabys müssen ca. ab der 7. Lebenswoche von den weiblichen Tieren separiert werden usw.
Bei der Zucht kann einiges schieflaufen! Hier ein paar "worst case Szenarien":
Komplikationen in der Tragzeit/ bei der Geburt
Es gibt immer wieder Vorkomnisse, bei denen die Igelmutter schwerwiegende gesundheitliche Schädigungen zurück behält und/oder verstirbt. Von Gebärmuttervereiterungen, inneren Blutungen, Infektionen durch "abgestorbene Leibesfrüchte" oder Komplikationen wie das Steckenbleiben im Geburtskanal, Totgeburten, Frühgeburten und Co. kann alles vorkommen. Auch als erfahrener Halter/Züchter ist man davor nicht gefeit. Umso wichtiger ist es, einen erfahrenen Berater und vor allem einen igelerfahrenen (Not)Tierarzt in der Nähe zu haben!
Wurf wird abgelehnt/gefressen
Es kann vorkommen, dass Igelmütter einen Wurf ablehnen. Dies ist oftmals bei Erstgebärenden der Fall. In diesem Fall sind die Mütter mit ihrem Wurf überfordert und wissen damit nichts anzufangen. Einige tragen dann die Babys im Maul umher oder schmeißen sie aus dem Nest. Andere fresse oder verletzen die Babys. In einem solchen Fall kann man nicht viel machen, außer die Möglichkeit einer Amme in Betracht zu ziehen, sofern eine vorhanden ist, oder aber der Natur, so traurig es ist, ihren Lauf zu lassen. Dies ist schwer aber es gehört leider auch zur Zucht.
Eine Handaufzucht von solch jungen Igelbabys ist nahezu unmöglich.
genetische Defekte
Einige Farbformen und Igel weisen genetische Defekte auf. Diese können durch die Elterntiere und frühere Generationen prädistiniert sein. Umso wichtiger ist es, die Vorfahren zu kennen und (undefinierte) Inzuchtverpaarungen zu vermeiden. Durch genetische Komponeten kann es zu erkenntlichen Behinderungen oder Schädigungen der inneren Organe und somit zum Leid der Tiere und/oder einem frühen Tod kommen.
schwere Vermittlung
Nicht immer werden einem die Tiere aus der Hand gerissen. Oftmals dauert eine Vermittlung oder es ist schwieriger einzelne Tiere ordentlich zu vermitteln. Hierbei sollte immer Wert auf verantwortungsvolle neue Besitzer gelegt werden, damit das Tier nicht zum "Wanderpokal" wird. Leider kann man den Menschen immer nur "bis vor den Kopf" gucken, daher ist es umso wichtiger sich eingehend mit den neuen Besitzern zu befassen.
Hierbei ist es aber genauso wichtig den nötigen Platz für Jungtiere zu haben, falls diese eben nicht vermittelt werden können, krank oder gar behindert sind.